Appell der Kreistagsfraktion von CDU, SPD, Freie Wähler, FDP und DIE LINKE an Ministerpräsidenten Wilfried Kretschmann
v.l.n.r. Bei der Unterschrift: Bruno Sauerzapf (CDU), Dr. Ralf Göck (SPD), Claudia Felden (FDP), Dr. Edgar Wunder (DIE LINKE), Hans Zellner (Freie Wähler)
In einem Schreiben an den Ministerpräsidenten haben die Fraktionen von CDU, SPD, Freie Wähler, FDP und LINKE auf Vorschlag von Claudia Felden in einem gemeinsamen Schreiben auf die flüchtlingsbedingten Kosten von Kreis und Gemeinden hingewiesen und eine finanzeile Entlastung der Kommunen gefordert. Der Appell hat folgenden Wortlaut:
„Die Gespräche zwischen Bund und Ländern zur Entlastung der Kommunen bei den flüchtlingsbedingten Kosten sind im Gange.
Dennoch betrachten wir die Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern sowie unbegleiteten minderjährigen Ausländern und die damit verbundenen Risiken mit großer Sorge und erwarten deshalb vom Bund und Land die vollständige Übernahme der Kosten der vorläufigen Unterbringung und auch die im Rahmen der kommunalen Anschlussunterbringung entstehenden Kosten.
Auf folgende Aufgaben und die dadurch dem Kreis entstehenden Kosten wollen wir besonders hinweisen:
- Leerstandskosten – auch die des strukturellen Leerstandes
- Kosten für Securitydienste
- Kosten für Verpflegung durch Cateringdienste in den Notunterkünften
- Kosten für die Ertüchtigung und den Rückbau von Flüchtlingsunterkünften – gegebenenfalls über angemessene Abschreibungen
- Kosten der Unterkunft im Rechtskreis des Sozialgesetzbuches (SGB) II und XII
- Kosten für Transferaufwendungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylBLG)
- Kosten der Jugendhilfe
- Personal- und Sachkosten, die den Kreisen aufgrund der steigenden Fallzahlen bei den Flüchtlingen und unbegleiteten minderjährigen Ausländern entstehen
Insbesondere unterstützen wir die Forderungen der Landräte und des Landkreistages Baden-Württemberg, die Kosten der vorläufigen Unterbringung und die mit der Anschlussunterbringung verbundenen Kosten vollumfänglich zu übernehmen und weisen darauf hin, dass es auch noch weitere kommunale Ansprüche gibt:
Neben zahlreichen laufenden Kosten bedingt eine erfolgreiche Integration auch vielfältige Investitionen Indie Infrastruktur der Kommunen. So wurde in dem am 22.04.2016 von der Bundeskanzlerin und den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder beschlossenen „Gemeinsamen Konzept von Bund und Ländern für die erfolgreiche Integration von Flüchtlingen“ z.B. richtiger Weise die Bedeutung des schnellstmöglichen Erlernens der Deutschen Sprache, die frühzeitige Integration in das System der Kindertageseinrichtungen und die frühzeitige Vermittlung guter Schulbildung als entscheidende Grundlage zur Integration von geflüchteten Kindern und Jugendlichen hervorgehoben. Die Kommunen haben in der Vergangenheit kräftig in den Ausbau der Kindertageseinrichtungen und Schulen investiert. Auf Grund der hohen Flüchtlingszahlen insbesondere im vergangenen Jahr sind allerdings vielerorts die Kapazitäten bei den Kindertageseinrichtungen und Schulen schon längst voll ausgeschöpft, der Bau neuer Einrichtungen oder Erweiterungen bestehender Einrichtungen ist unverzüglich notwendig. Mit dem Nachzug von Familienangehörigen ist mit weiter stark zunehmenden Zahlen von Kindern und Jugendlichen zu rechnen.
Gerade im Bereich der Ü3-Kindergärten werden die Gemeinden alleine gelassen, eine Förderung der Investitionen ist nicht vorgesehen. Aber gerade auch in diesem für die Integration so maßgeblichem Bereich brauchen die Kommunen die Unterstützung des Landes und des Bundes.
Wir, die Vertreter der Fraktionen im Kreistag des Rhein-Neckar-Kreises wenden uns an Sie, unseren Ministerpräsidenten, in großer Sorge um die aktuelle Flüchtlingspolitik und die daraus resultierenden finanziellen Folgen für die Kommunen. Es ist unabdingbar, den Kommunen eine 100%ige Erstattung der anfallenden laufenden Kosten zur Bewältigung der Herausforderungen zu gewähren. Zudem benötigen die Kommunen aber auch eine Förderung bei den für eine erfolgreiche Integration notwendigen Investitionen. Nur so ist es uns möglich, Ängste und Sorgen abzubauen sowie Fremdenfeindlichkeit entgegenzuwirken. Bei einer zu starken Belastung kommunaler Haushalte und der daraus folgenden notwendigen Streichung freiwilliger Leistungen, ob im sozialen, im kulturellen oder im sportlichen Bereich, sehen wir die bisherige Willkommenskultur stark gefährdet.
Wir appellieren daher an Sie, die Kommunen unverzüglich und umfassend bei der Bewältigung der flüchtlingsbedingten Aufgaben zu unterstützen.